Postmoderne
Ende der Siebziger und in den achtziger Jahren wendet man den Begriff "Postmoderne" sowohl auf das Gebiet der bildenden Kunst, als auch auf die Architektur an. In der bildenden Kunst versteht man unter Postmoderne eine Reaktion auf die modernistische Theorie und die Ablehnung der Avantgarde des 20. Jahrhunderts. Die Moderne, die hauptsächlich von dem amerikanischen Kunstkritiker Clement Greenberg theoretisch untermauert wurde, kann als die Tendenz definiert werden, "die für eine Disziplin charakteristischen Methoden zu benutzen, um eben diese Disziplin zu kritisieren". Die Kriterien zur Beurteilung eines Gemäldes sind die Flachheit, die Form der Bildträgers und die Eigenschaften des Pigments. Das Kunstwerk wird durch die innere Logik seines Mediums beurteilt und bestimmt. Was die Avantgarde angeht, ist sie das ganze 20. Jahrhundert über in einer Logik des Bruchs mit dem Alten und der Erneuerung verwurzelt. Die Postmoderne ist eine Reaktion auf die historische Linearität der Kunst. Für die postmodernen Kunstwerke bedient man sich zwanglos der unterschiedlichsten geschichtlichen Stile und macht die Subjektivität zu einem wichtigen Beurteilungskriterium. Die Vergangenheit wird ein einfaches Formenverzeichnis. Charakteristisch für diese Denkkunst sind die Gemälde der "Trans-avantgarde" und die architektonische Kunst von Ricardo Bofill. Die Postmoderne in der Kunst und der Lebensstil der westlichen Gesellschaft bedingen sich gegenseitig. Jean-François Lyotard schreibt in "Le Postmoderne, expliqué aux enfants": "Wenn sich die Macht Kapital nennt und nicht Partei, erweist sich die trans-avantgardistische oder postmoderne Lösung im Sinne Jencks als geeigneter, als die antimoderne Lösung. Der Eklektizismus ist der Nullpunkt der allgemeinen zeitgenössischen Kultur: man hört Reggae, man schaut Western, man ißt mittags bei MacDonald und abends regionale Küche, man parfümiert sich in Tokio mit Pariser Parfums, man zieht sich in Hong-Kong im Stil der Siebziger an, Wissen ist Gegenstand von Quizsendungen. Es ist leicht, ein Publikum für eklektische Kunst zu finden. Indem Kunst zu Kitsch wird, unterstützt sie die Unordnung im Geschmack des Amateurs. Der Künstler, der Galerist, der Kritiker und das Publikum gefallen sich in ihrem Unsinn, die Zeit der Dekadenz ist gekommen. Doch dieser Realismus des Unsinns ist der des Geldes: mangels ästhetischer Kritiken ist es möglich und zweckdienlich, den Wert der Kunstwerke am Profit zu messen. Dieser Realismus nimmt mit allen Strömungen vorlieb, so wie sich das Kapital mit allen Bedürfnisse zufriedengibt, unter der Bedingung, daß die Strömungen und Bedürfnisse Kaufkraft haben."
Bibliographie: Robert Venturi, De l'ambiguïté en architecture, Paris, Dunod, 1976. Jean-François Lyotard, La Condition postmoderne, Paris, Éd.de Minuit, 1979. Le Postmoderne expliqué aux enfants, Paris, Verl. Galilée, 1988. C. Jenks, Le Langage de l'architecture postmoderne, Paris, Denoël, 1979. Rosalind Krauss, "L'originalité de l'avant-garde: une répétition post-moderniste" (1981), L'Originalité de l'avant-garde et autres mythes modernistes, Paris, Macula, 1993. Yve-Alain Bois, "Modernisme et postmodernisme", Encycopaedia Universalis, Paris.